Tief im Osten: Halles CDU-Herz schlägt für Merz

Friedrich Merz hat mit der von ihm ausgelösten Asyldebatte in Halle leichtes Spiel. Er erntet Zuspruch. Seine Gegenkandidaten Annegret Kramp-Karrenbauer und Jens Spahn haben es schwer, nach zwei Stunden Punkte einzufahren.

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Friedrich Merz für zu Hause: Zumindest in Halle scheint der einstige Unions-Fraktionschef gepunktet zu haben. (Foto: Jan Möbius)
Friedrich Merz für zu Hause: Zumindest bei den CDU-Anhängern in Halle scheint der einstige Unions-Fraktionschef gepunktet zu haben. (Foto: Jan Möbius)

Halle/StäZ – Die CDU ist auf Deutschlandtournee. Das Bühnenprogramm füllt wie in Halle am vergangenen Donnerstag inzwischen ganze Messehallen. Auftrittsorte mussten anderenorts wegen des offenbar unterschätzten Andrangs zum Polit-Konzert der Christdemokraten ganz und gar verlegt werden. Drei Stunden Abgesang auf die Ära Merkel, dabei jeder Satz intoniert von wohlklingender Zukunftsmusik. Die vierte von acht CDU-Regionalkonferenzen offenbarte zwar einiges, ohne aber Zaungästen dabei zu tiefe Einblicke in den Backstagebereich zu gewähren. Der Abend kam an beim Auditorium, das sich irgendwie hofiert fühlte. Immerhin gab es einen vergleichbaren Chorus in der Geschichte der CDU bisher nicht. Tief im Osten wurde aber auch deutlich, wer hier die Nase vorn hat bei den Mitgliedern im Rennen um den Bundesvorsitz bei den Christdemokraten. [ds_preview]

Das CDU-Herz schlägt offenbar für Friedrich Merz. Groß scheint die Sehnsucht nach einer Parteiführung, die klare Worte findet. Die konnte Merz ohne Frage bedienen. Die Konkurrenz in persona von CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ließ der frühere Unionsfraktionschef zumindest gefühlt hinter sich. Ein Applausometer wie einst bei „Wetten, dass ..?“ hätte an diesem Abend freilich konkreten Aufschluss geben können.

Nicht zuletzt aber waren es tatsächlich und gleich zu Beginn der gut zweistündigen Fragestunde hallesche CDU-Mitglieder, die Merz nach seiner inzwischen von ihm selbst klargestellten vermeintlichen Absage an das Grundrecht auf Asyl im Grundgesetz auf einer Regionalkonferenz in Thüringen am Vorabend den Rücken stärkten. Wolfgang Meissner vom CDU-Ortsverband Dölau, Heide-Nord, Lettin etwa sagte zum umstrittenen EU-Migrationspakt, dass ihm nach dem Lesen klar geworden sei, dass dieser Pakt für die Bundesrepublik Deutschland nicht gut sei. Meissner fand im Gegensatz zu späteren Fragestellern deutliche Worte: Von einer „linksgrün-driftenden Merkel-Politik“ und einem  „rechtswidrigen Zustand offener Grenzen“ sprach er.

Bevor Friedrich Merz diesen Zuspruch aus Halles CDU für sich verbuchen konnte, wurde der Mann, zu dem in der Messearena der Saalestadt viele nicht nur wegen seiner körperlichen Größe und der etwas erhöht aufgebauten Bühne aufsahen, mit real-halleschen Problemen konfrontiert. Stau! Der unionsintern schon als Messias gehandelte Millionär von nebenan  landete auf seinem Weg von einem Abstecher zur Senioren-Union in Magdeburg nach Bruckdorf in Halles förderfinanzierten Verkehrsproblemen. Schlecht erreichbar sei die Saalestadt, sollte man später vor allem in westdeutschen Medien über die Verspätung lesen.

Was bahnt sich da an? Friedrich Merz scheint schon ein Auge auf Sachsen-Anhalts charismatischen CDU-Chef Holger Stahlknecht geworfen zu haben. (Foto: Jan Möbius)
Was bahnt sich da an? Friedrich Merz (5. v.l.) scheint schon ein Auge auf Sachsen-Anhalts charismatischen CDU-Chef Holger Stahlknecht (l.) geworfen zu haben. (Foto: Jan Möbius)

Fast zwanzig Minuten nach dem ersten und einzigen Gong des Abends marschierten Merz, Kramp-Karrenbauer und Spahn in den zu einem Drittel mit Journalisten gefüllten Saal ein. Ihr Auftritt war zugleich ein Art Debüt für Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht als nur wenige Tage zuvor neu gewählter CDU-Landes-Chef. Als wolle er nicht nur einen neuen Weg für seine Partei im Land und in Berlin symbolisieren, machte Stahlknechts Auftritt, gewollt oder ungewollt, deutlich, dass man an ihm künftig in vielen oder sogar in allen Fragen nicht mehr so einfach vorbeikommt. Das dürfte auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff nicht verborgen geblieben sein. Der nämlich betrat ebenfalls verspätet erst im Schatten seines Parteifreunds Stahlknecht den Saal.

Werner Misch, CDU-Urgestein in Halle, genoss es sichtlich, sich mit Parteifreunden aus allen Ebenen umgeben zu können. (Foto: Jan Möbius)
Werner Misch, CDU-Urgestein in Halle, genoss es sichtlich, sich mit Parteifreunden aus allen Ebenen umgeben zu können. (Foto: Jan Möbius)

Gut beraten war an diesem Abend also, wer sich bei Zeiten auf den Weg zum Messezentrum nach Bruckdorf machte. Etliche nicht unbekannte Namen aus Halles CDU hatten sich dabei offenbar zusammengetan. Und so sicherten sich lokale Unions-Urgesteine wie Werner Misch und Christoph Bergner Plätze in der zweiten Reihe direkt hinter der Bundes- und Landesführung der Partei. Aber auch aufstrebende CDU-Mitglieder aus der Saalestadt waren dort zu finden. Thomas Godenrath etwa. Der Vorsitzende des Orstverbandes Halle-Süd war einer derjenigen, die gleich zu Beginn der Frage-Antwort-Stunde den drei Kandidaten für das CDU-Spitzenamt auf den Zahn fühlen konnte. Er kritisierte unter anderem den Umgang von Noch-Partei-Chefin Angela Merkel mit Parteitagsbeschlüssen. Die gehe damit „ja nicht so enthusiastisch um“.

Alles Ex-STadtmarketing-Chef Stefan Voß hat wieder in die Politik zurückgefunden. (Foto: Jan Möbius)
Alles Ex-STadtmarketing-Chef Stefan Voß hat wieder in die Politik zurückgefunden. (Foto: Jan Möbius)

Zwar etwas weiter entfernt sitzend, dafür aber am Mikrofon umso deutlicher äußerte sich Stefan Voß. Halles geschasster früherer Stadtmarketing-Chef hat nach seinem Abgang von der halleschen Showbühne scheinbar Zeit gefunden, sich aktiv der Politik zu widmen. Voß wandte sich ohne Umwege direkt an Merz. „Ich finde es erfrischend, dass Sie bereit sind, sich aus den Denkverboten zum Asylrechtsparagraphen zu lösen und dies einfach auch mal zu einer Diskussionsgrundlage zu machen.“

Stefan Voß war es auch, der Friedrich Merz als erster herausforderte. (Foto: Jan Möbius)
Stefan Voß war es auch, der Friedrich Merz als erster herausforderte. (Foto: Jan Möbius)

Kein anderer als Halles Ex-Marketing-Chef war es schließlich, der Merz zu einer Erklärung herausforderte über dessen scharf kritisierte Äußerung zum grundsätzlichen Ayslrecht in Deutschland. „Ich würde mich freuen, wenn Sie in der dieser Sache offen bleiben und nicht heute schon wieder zurückrudern“, so Voß. Das tat Merz freilich nicht und blieb den Abend über auf Kurs. Wenn auch deutlich gedämpfter als noch am Vorabend in Thüringen. Berater sind halt goldwert.

Die Asyldebatte dominierte den Abend. Das änderte sich auch nur kurz, als Annegret Kramp-Karrenbauer dazu ermunterte, doch auch über andere Dinge, Soziales, gar die CDU selbst, zu diskutieren. Doch derlei Fragen wurden praktisch in Speed-Dating-Manier durchgezogen. Jens Spahn kam das am Ende zu pass. Er hatte offenbar auf der „Tour de Union“ vergessen, wo er gerade war. Eins seiner Ziele sei es, dass die die CDU wieder ihre Werte zeige, „hier in Sachsen, Thüringen und Brandenburg“. Zu diesem Zeitpunkt war der Gesundheitsminister freilich in Halle. In jener Stadt und jener Region in Sachsen-Anhalt, die zumindest gefühlt Friedrich Merz für sich gewinnen konnte.

Zwei Generationen CDU-Mitglieder nebeneinander. Die Meinungen der jüngeren und der älteren liegen scheinbar oft gar nicht so weit auseinander. (Foto: Jan Möbius)
Zwei Generationen CDU-Mitglieder nebeneinander. Die Meinungen der jüngeren und der älteren liegen scheinbar oft gar nicht so weit auseinander. (Foto: Jan Möbius)
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siggivonderheide@me.com
5 Jahre her

Offenkundig sind die CDU Mitglieder in unserer Stsdt denkbeschränkt. Den Parteivorsitz von der Flüchtlingsproblemstik abhängig zu machen ist mindestens kurzsichtig, wenn nicht politisch unbedarft. Dieses Verhalten passt zu einer Ein-Themen-Partei, nicht zu einer Partei die von sich behauptet ein breites gesellschaftliches Spektrum abzubilden. Fremdscham ist alles was ich dafür übrig habe.