Rechnungsprüfer kritisieren Zahlungen an Rauschenbach

Die Affäre um den Berater und Projektsteuerer Jens Rauschenbach erhält neue Nahrung. Zusatzleistungen in fünfstelliger Höhe bei nur zwei von vielen Bauprojekten haben die unabhängigen Kontrolleure der Stadtverwaltung auf den Plan gerufen.

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Halle/StäZ – Das unabhängige Rechnungsprüfungsamt der Stadt hat Zahlungen an das Konsortium des Verwaltungsberaters und Projektsteuers Jens Rauschenbach kritisiert. Dieser habe im Jahr 2017 zusätzliche Leistungen abgerechnet, die er eigentlich im Rahmen seiner normalen Projektsteuerertätigkeit und damit im Rahmen der normalen Vergütung hätte erbringen müssen. Das zumindest ist die Sicht der Kassenprüfer, wie sie aus dem routinemäßigen Prüfbericht 2017 hervorgeht. Die Stadt will die Vorwürfe nun ihrerseits prüfen. Jens Rauschenbach wollte zu den konkret kritisierten Vorgängen mit Verweis auf Verschwiegenheitspflichten keine Stellung nehmen.[ds_preview]

Die Rauschenbach-Gruppe ist zum Fall für das Rechnungsprüfungsamt der Stadt geworden. (Foto: xkn/Archiv)

Das Rechnungsprüfungsamt war laut seinem Bericht bei routinemäßigen Visa-Kontrollen auf die mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten gestoßen. Das sind stichprobenartige Kontrollen des Zahlungsverkehrs der Stadt. Konkret geht es um zwei Fluthilfemaßnahmen: die Sanierung der Pferderennbahn und den Neubau des HFC-Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) auf der Silberhöhe. Die Rauschenbachfirma Projectum hatte von der Stadt den Auftrag für die Projektsteuerung der Millionenprojekte bekommen. Projectum ist damit die Schnittstelle zwischen der Stadt als Bauherrin und praktisch allen am Bau beteiligten Firmen. Bei der Pferderennbahn wurde für dieses Management ein Auftrag von rund 79.000 Euro netto an Projectum vergeben, gesplittet von 2016 bis 2017 in zwei Tranchen, beim Nachwuchsleistungszentrum seien es rund 81.000 Euro netto. Hinzu kamen laut der im Zuge der Rauschenbachaffäre im Januar veröffentlichten Auftragstabelle der Stadt noch diverse separate Beratungsleistungen, für die das Rauschenbach-Konsortium jeweils separate Aufträge erhielt.

Mehrere zehntausend Euro zusätzlich abgerechnet

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Jens Rauschenbach (Foto: xkn)

Die Rechnungsprüfer kritisieren nun zusätzliche  Zahlungen der Stadt, die aufgrund von nachträglichen Forderungen Rauschenbachs getätigt wurden. Dieser habe Zusatzleistungen abgerechnet, die die Stadt auch so abgenommen habe. Sie sei also zur Zahlung verpflichtet gewesen. Einerseits. Andererseits aber sind die Prüfer der Auffassung, dass diese als „Zusatzleistungen“ deklarierten Tätigkeiten eigentlich zum normalen Leistungsspektrum des Projektsteuerers gehören müssten, also auch mit der normalen Vergütung hätten abgegolten sein müssen. „Für Leistungen, die zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Vorhabens unabdingbar sind, kann es aufgrund des PStV [Projektsteuerungsvertrag, d. Red.] keine zusätzliche Vergütung geben“, heißt es in dem Bericht.

Konkret geht es laut Stadt im Falle der Pferderennbahn um Zusatzleistungen im Nettowert von 17.800 Euro und für das NLZ von 11.100 Euro. Allerdings sind das nur die Zahlen für 2017. Die NLZ-Zahlung ist indes schon die zweite „NT“-Zahlung an Rauschenbach. NT dürfte in den einschlägigen Tabellen für Nachtrag stehen. Bereits 2016 flossen als erster Nachtrag 28.591 Euro brutto. Rauschenbach ist mit seiner Firma nicht nur Projektsteuerer des HFC-Nachwuchsleistungszentrums. Er sitzt inzwischen auch im Vorstand des Drittligisten.

Die von den Stadtratsfraktionen nach Bekanntwerden einiger Praktiken zwischen Stadtverwaltung und der Rauschenbach-Gruppe versprochene politische Aufklärung stockt. Seit Monaten sind Versuche der Stadträte gescheitert, die beantragte Akteneinsicht zu nehmen. So hätten zu einem mit der Stadtverwaltung vereinbarten Termin im August nicht alle Akten vorgelegen, heißt es von Seiten mehrerer Räte gegenüber der Städtischen Zeitung. Auch eine sogenannte Vollständigkeitserklärung des Oberbürgermeisters habe gefehlt. Die Akten seien zudem lediglich als Kopien vorgelegt worden und nicht im Original. Daraufhin hätten die Räte den Termin abgebrochen. Ursprünglich hatten die Fraktionen die Einsetzung eines Sonderausschusses erwogen, der besseren Zugang zu Akten und Verwaltungsmitarbeitern ermöglicht hätte. Die Idee war jedoch zurückgestellt worden, weil man sich von Akteneinsicht mehr versprochen hatte. (xkn)

In einer Pressekonferenz hatten die Stadtratsfraktionen Anfang Februar versprochen, die Rauschenbach-Affäre aufzuklären. Passiert ist seither wenig. (Foto: Jan Möbius/Archiv)

Laut Stadt waren die Zusatzkosten entstanden für zusätzlich notwendig gewordene Baumaßnahmen (Pferderennbahn) sowie für zusätzliche Stellungnahmen an den Landesbetrieb Bau- und Liegenschaftsmanagement, die Ermittlung und Aufbereitung der zu erwartenden Betriebskosten und die Prüfung des Nutzungskonzeptes (Nachwuchsleistungszentrum). Man wolle die „Hinweise“ der Rechnungsprüfer nun in den zuständigen Fachbereichen auswerten, so Stadtsprecher Drago Bock auf StäZ-Anfrage. Jens Rauschenbach teilte mit, wegen vertraglicher Verschwiegenheitspflichten keine Auskunft zu einzelnen Vertragsbestandteilen geben zu können. Er erklärte aber allgemein, dass „besondere Leistungen, sofern sie nachgefragt werden und nicht im ursprünglichen Projektsteuerungsvertrag vereinbart sind“, gesondert zu vergüten seien. Zudem könnten die Projektsteuerungskosten steigen, wenn im Planungs- oder Bauprozess die Kosten des Bauprojekts steigen.

Das sieht das Rechnungsprüfungsamt indes anders. „Bei pflichtgemäßer und fachgerechter Vorbereitung und Planung der Bauaufgabe hätte die Notwendigkeit der als Zusatzleistungen ausgewiesenen Arbeiten im Zuge der Bauwerksuntersuchung, spätestens jedoch bei der Ausführungsplanung erkannt werden müssen“, heißt es in dem Bericht. Auch zusätzliche Bauleistungen oder unverschuldete Kostensteigerungen seien für den Projektsteuerer nur extra abrechenbar, wenn dieser „seiner vertraglichen Pflicht bei der Vermeidung zusätzlicher Baukosten gerecht geworden ist. Davon kann nicht ausgegangen werden, wenn unabdingbare Bauarbeiten als zusätzliche Leistungen deklariert werden“, so die Prüfer.

Eine weitere Passage der Rechnungsprüfer wirft zusätzliche Fragen auf. Denn offenbar hat Rauschenbach bei einem oder beiden Projekten auch „die Beantwortung von Anfragen des Stadtrates oder der Presse“ als Zusatzleistungen abgerechnet. So steht es im Prüfbericht. Auch dieses könne nicht gesondert vergütet werden, wenn der Auftragnehmer „Information und Kommunikation zum Vorhaben“ vertraglich zugesichert habe, so die Prüfer. „Insofern ist nicht nachvollziehbar, weshalb und auf welcher Grundlage eine Beauftragung von Zusatzleistungen überhaupt erfolgt ist.“ In der Darstellung der Stadt gegenüber der StäZ tauchen diese Zusatzleistungen nicht auf.

Externe Pressearbeit für die Stadt

Bereits im Zuge der Recherchen von Städtischer Zeitung und dem MDR zur Rauschenbach-Affäre zu Jahresbeginn waren Zusatzzahlungen an Rauschenbach aufgefallen. So zeigt ein Beispieldokument, das StäZ und MDR vorliegt, wie viel Rauschenbach in einem Fall nur für „Pressearbeit“ verlangt hatte: So seien beim Bauprojekt „2. IGS“ in der Südstadt, das wegen der Kontroverse um den zusätzlichen Bau einer Aula zwischen Oberbürgermeister und Stadtrat lange umstritten war, allein für Pressearbeit acht Arbeitsstunden und damit ein ganzer Tagessatz angefallen. Damals betrug ein Rauschenbachscher Tagessatz 800 Euro. Warum Rauschenbach überhaupt Pressearbeit für die Stadtverwaltung übernommen hat, die selbst über eine mit mehreren Mitarbeitern besetzte Pressestelle verfügt, bleibt offen.

Die nun offiziell untersuchten Fälle machen nur einen Bruchteil der Aufträge aus, die die Rauschenbachgruppe in den letzten Jahren von der Stadt oder städtischen Gesellschaften erhalten hat. Aber bereits die zwei nun untersuchten Bauprojekte machen aus Sicht der Rechnungsprüfer Änderungen im Verhältnis zwischen der Stadt und dem Projektsteuerer nötig. Sie schreiben der Stadt ins Stammbuch, in Zukunft Zusatzansprüche Rauschenbachs und möglicherweise anderer Projektsteuerer kritisch zu prüfen und „mit der notwendigen Vehemenz“ abzuwehren. Auch der während der Rauschenbach-Affäre aufgeworfenen Frage, ob die Art der Vergabe der Projektsteuerungsaufträge – ein Großteil der Stark-III-Schulsanierungs- und Fluthilfe-Aufträge wurde ohne Ausschreibung an die Rauschenbach-Gruppe vergeben – zu beanstanden ist, soll nun womöglich nachgegangen werden. „Wir sind dabei, uns des Themas anzunehmen“, sagte Rechnungsprüfungsamtsleiter Ralf Borries letzte Woche im zuständigen Stadtratsausschuss. Die Rauschenbach-Affäre könnte dadurch neue Nahrung bekommen.

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siggivonderheide@me.com
5 Jahre her

Na endlich kommt langsam an den Tag was schon lange vermutet wurde. Herr Wiegand wird schwer arbeiten müssen um seine Kandidatur zum OB erfolgreich zu gestalten. Schön ist, Hauptsache Halle kann eben auch etwas ganz anderes bedeuten. Gut so!