Neuer Unirektor: Klare Ansage nach Magdeburg

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Der zukünftige Rektor der Uni Halle bei einer Pressekonferenz am 4. Juli 2018 (Foto: xkn)

Halle/StäZ – Der neugewählte Rektor der Universität Halle Christian Tietje hat nach seiner Wahl am Mittwoch erste deutliche Worte an die Landesregierung gerichtet. Die Zeit der Sparbeschlüsse sei vorbei, so Tietje auf einer Pressekonferenz direkt nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses des Akademischen Senats. „Die Universität Halle leidet seit Ende der 1990er Jahre unter ständig wiederkehrenden Sparrunden, zuletzt 2013. Die Universität braucht jetzt Ruhe für ihre Entwicklung.“ [ds_preview]

Bereits am Montag hatte er bei der Vorstellungsrunde der Kandidaten um das Rektoramt zudem betont, gegebenenfalls auch früher getroffene Spar- und Schließungsbeschlüsse an der Uni, die noch nicht umgesetzt seien, wieder aufzuheben, wenn eine Bestandsaufnahme zeige, dass sie überholt seien. Zuletzt waren im Januar als Spätfolge früherer Sparbeschlüsse verschiedene musikalische Bacherlorstudiengänge geschlossen worden. Tietje hatte sich am Montag auch zur Zukunft der sogenannten kleinen Fächer an der Hochschule bekannt. Sie seien „strukturprägend“ für die Uni Halle. Er wolle zur Stärkung der Fächer eine strategische Vernetzung untereinander organisieren.

Zu seiner Wahl sagte Tietje am Mittwoch, sie stehe auch für den anstehenden Generationswechsel in Professoren- und Mitarbeiterschaft an der gesamten Universität. „Ich bin ausgesprochen froh, zum Rektor gewählt worden zu sein. Die Universität ist gut aufgestellt und hat einiges vor sich. Es wird Spaß machen.“ Die Amtszeit des neuen Rektors beginnt am 1. September. Der langjährige Rektor Udo Sträter geht demnächst in den Ruhestand.

Christian Tietje ist seit 2001 Universitätsprofessor in Halle. Geboren wurde er 1967 in Walsrode. Er studierte Rechtswissenschaften, Politikwissenschaft und Ethnologie an der Universität Kiel und in Paris. Auf Staatsexamen und einen Auslandsaufenthalte in den USA folgte eine wirtschaftsrechtliche Promotion in Hamburg und die Habilitation wiederum in Kiel.
Seit er in Halle Professor ist, lehnte Tietje, der in Halle Familie hat, mehrere Rufe an andere Universitäten ab. von 2010 bis 2014 wr er Dekan der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Er ist außerdem Geschäftsführender Direktor des Instituts für Wirtschaftsrecht und Leiter der Forschungsstelle für Transnationales Wirtschaftsrecht an der MLU.

Einige ausgewählte Standpunkte des neuen Rektors Christian Tietje:

  • Finanzielle Ausstattung der Universität: Die Uni Halle ist von den ihr zur Verfügung stehenden Finanzen her ausgelegt für rund 13.000 Studierende. Tatsächlich sind allerdings rund 20.000 Studierende immatrikuliert. Neue Sparrunden lehnt der neue Rektor daher ab. Sie seien aber aufgrund der guten Haushaltslage des Landes auch nicht zu erwarten. Die Uni brauche jetzt Ruhe und Planungssicherheit, so Tietje. Er wolle sich zügig für die Aufnahme der Verhandlungen über die neuen Zielvereinbarungen mit der Landesregierung einsetzen. Die Zielvereinbarungen legen den mittelfristigen Planungsrahmen zwischen Land und den autonom wirtschaftenden Hochschulen fest. Tietje will sich für eine Verlängerung der Laufzeit der Zielvereinbarungen von normalerweise vier auf dann fünf Jahre ab 2020 einsetzen und womöglich auch für mehr Geld: „Es geht nicht darum, den Status quo weiterzuführen. Wir wollen eine Strukturverbesserung, ohne zu sparen.“ Er rechnet zudem mit einer Verstetigung der Mittel aus dem Hochschulpakt von Bund und Ländern, aus dem die Hochschulen verstärkt Bundesmittel bekommen. Alle Parteien hätten sich darauf geeinigt, diesen fortzuführen. Auch die Tarifsteigerungen der Universitätsbeschäftigten solle das Land zu 100 Prozent übernehmen. Hinzu kommen die Zusatzmittel für den Ausbau der Lehrerbildung. Sie dürften nicht an anderer Stelle zu Einsparungen führen, so Tietje.
  • Lehrerbildung: „Wir stehen zum klaren Bekenntnis, an der Uni Halle 800 Lehrer ausbilden zu wollen“, so Rektor in spe Christian Tietje. Die Zahl, die pro Jahr gemeint ist, gilt als Minimum dessen, was das Land an zusätzlichen Absolventen in den nächsten Jahren braucht, um den bereits jetzt grassierenden Lehrermangel abzufedern. Die Zahl 800 stellt die Universität jedoch, was Personal und Raumsituation angeht, vor erhebliche Probleme. Neben der On-Top-Finanzierung der Studienplätze fordert die Universität vom Land außerdem, dass es an den Schulen ausreichend Möglichkeiten schafft, damit die vielen Lehramtsstudierenden überhaupt Schulpraktika in so großer Zahl durchführen können. Die Praktika sind elementarer Bestandteil des Studiums.
  • Personalpolitik: Die Uni steht vor einem Generationswechsel, sowohl bei den Professoren als auch beim akademischen Mittelbau. Diesen müsse die Uni aktiv gestalten. Das voraussichtlich neue Hochschulgesetz bringe ihr dabei die volle Handlungsfreiheit, so Christian Tietje. „Wir müssen alles daran setzen, in Forschung und Lehre die besten Köpfe zu bekommen“, sagte er am Mittwoch. Ein Ziel dabei sei es aber auch, mehr Chancengleichheit zu erreichen und den Anteil an weiblichen Professorinnen und Mitarbeiterinnen an der Hochschule zu erhöhen.
  • Haushaltsüberträge in Millionenhöhe: Und noch einmal Finanzen. Eines der Ziele des Rektors ist die möglichst baldige Beseitigung von Haushaltsüberträgen in Millionenhöhe, die die Uni Halle seit Jahren von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr mitschleppt. „Das sind Gelder, die zum Beispiel für großvolumige Beschaffungsvorgänge verplant sind, die wir aber aufgrund langwieriger Anschaffungsprozesse noch nicht ausgeben konnten“, sagte Tietje dazu auf StäZ-Anfrage. „Die Uni ist also nicht reich, obwohl es den Eindruck erwecken könnte. Das Geld ist verplant, und wir kämpfen seit längerem darum, es ausgeben zu können.“ Wie hoch die in Frage stehende Summe ist, dazu wollte er sich auf Nachfrage nicht äußern.
  • Forschung: Die Uni solle, auch durch eine zukunftsgerichtete Berufungspolitik, langfristig als starke Forschungsuni erhalten werden. Zwar war die Uni Halle bei der Forschungs-Exzellenzinitiative des Bundes wiederholt leer ausgegangen. Man müsse aber alles daran setzen, bei der nächsten Runde vorn mit dabei zu sein. Tietje ist auch wichtig, deutlich zu machen, „dass man an der Uni Halle als Wissenschaftler viel erreichen kann. Es gibt hier gut funktionierende Strukturen.“ Die Uni biete eine gute Kombination aus Exzellenz und mittlerer Größe, die viel Kreativität biete. Die Uni solle langfristig mitmachen können „in der 1. Liga der Universitäten“.
  • Verhältnis zur Stadt: Tietje betonte am Mittwoch das gute Verhältnis der Universität zur Stadt. Sein erster Antrittsbesuch als neuer Rektor werde ihn zu Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) führen. „Die Universität lebt in der Stadt, und die Stadt lebt auch von der Universität. Wir sind gegenseitig aufeinander angewiesen.“ Es gebe eine gute Basis und viel Potenzial, das Verhältnis weiter auszubauen.
  • Uni im Stadtbild: Nach jahrelanger Konzentration der durch die Hochschule genutzten Gebäude in der Stadt schließt Tietje nicht aus, dass es in Zukunft wieder zu einer Ausbreitung der Uni kommen könnte. Der zusätzliche Raumbedarf sei ein dringendes Problem. Konkrete Angaben machte er jedoch nicht. Es gebe Optionen etwa im Bereich der Franckeschen Stiftungen oder der Magdeburger Straße. Genaueres müsse er aber erst mit dem Kanzler der Universität klären. Der ist unter anderem für die bauliche Infrastruktur zuständig.
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