Der Frühsommer macht die Junikäfer richtig heiß

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Eigentlich haben sie noch Zeit. Doch wegen des frühen Sommers sind die männlichen Junikäfer gerade verstärkt auf der Suche nach Weibchen. (Foto: Marek R. Swadzba/AdobeStock)

Halle/StäZ – Die Besucher der großen Open-Air-Veranstaltungen in Halle dürften sie am Wochenende zu spüren bekommen haben: Liebestolle Junikäfer machen sich gerade in Scharen in der Abenddämmerung vor allem da breit, wo sie Bäume, Blüten – kurz Nahrung –, aber in erster Linie Möglichkeiten zur Paarung finden. Vor allem die heißen Käfermännchen sind jetzt, und das viel zu früh, auf ihre eigene tollpatschige Weise auf der Suche nach einem passenden Weibchen. Ihr Ziel: Sie wollen ihre Art auf ihre ganz eigene Art retten. Beim Liebesspiel sind die kleinen Schwestern und Brüder des Maikäfers aber bis zu zwei Wochen zu früh dran, sagt Joachim Händel, Entomologe, also Insektenkundler, an der Universität Halle. Das und dass sie nun, zumindest gespürt, vermehrt auftreten, könne dem Wissenschaftler zufolge gleich zwei Ursachen haben. [ds_preview]

Zwei Generationen von Junikäfern haben auf das Startsignal gewartet

Junikäfer, die kleinen Geschwister des Maikäfers, sind auch mit Marienkäfern verwandt. (Foto: achkin/AdobeStock)

Händels Theorie zufolge könnten aktuell gleich zwei Generationen von Junikäfern gleichzeitig auf Achse sein, um sich zu vermehren. „Die Engerlinge, also die Larven, liegen lange im Boden. Sie überwintern bis zu zwei Mal.“ Erst wenn sie Frost bekommen, ist das laut Händel für sie das Signal, zum Käfer zu werden. „Das ist im vergangenen Jahr kaum möglich gewesen. Richtigen Frost hatten wir hier  Anfang 2017 nicht“, sagt der Insekten-Experte gegen über der StäZ. Also blieben die Engerlinge, wo sie waren. In diesem Jahr jedoch war alles anders. Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, das sogar spät und lange, könnten also für zwei Generationen von Junikäferlarven das Startsignal gewesen sein, „aufzuwachen“. Jede für sich bringt laut Händel schon von Natur aus einen Männerüberschuss mit sich. So könnten also derzeit noch mehr liebestolle Junikäfer-Jungs herumschwirren als ohnehin in normalen Jahren. „Beim ‚Kampf‘ um die Weibchen kann es dann schon mal robust in der Luft hergehen“, sagt Wissenschaftler Händel.

Hitze sorgt für Gefühle: „Junikäfers geiler Sommer“

Theorie zwei für das starke Auftreten der Tiere: die Hitze der vergangenen Wochen könnte die Gefühle der jungen Käfer in Wallungen gebracht haben. „Junikäfer lieben die Wärme. In den letzten Wochen hatten wir ideale Bedingungen für sie“, sagt Händel. Die Hitze beflügelt also offenbar die kleinen Brüder vom Mai-Summsemann noch auf der Suche nach einer Partnerin – ein wortwörtlich geiler Sommer für Junikäfer.

Doch mit dem fröhlichen Treiben in der Luft dürfte bald Schluss sein. Junikäfer leben nur, um sich zu vermehren –  in der Regel nicht länger als sechs Wochen. Wenn, ja wenn ihnen nicht schon einer ihrer Naturfeinde zuvorkommt. Neben der Fledermaus, dem Maulwurf und der Spitzmaus dürfte wohl auch der Mensch dazu zählen. Doch Insekten-Forscher Händel weiß: „Es gibt keinen Grund, den Junikäfer zu bekämpfen.“ Denn die Tiere seien für die Vegetation in Halles Schrebergärten überhaupt nicht schädlich. Hier und da werde mal ein Blatt angeknabbert. Das sei es dann aber auch schon gewesen. Hungriger seien die Larven der Käfer, die von den Weibchen im Boden abgelegt werden. „In Massen können die schon mal eine Wiese vernichten. Sie fressen die Wurzeln der Gräser an.“

Marienkäfer sorgt in Berlin für Probleme

Ganz andere Sorgen könnte in Halle aber in der kommenden Zeit ein deutlich kleinerer, sogar niedlicherer Verwandter des Junikäfers bereiten. Der Marienkäfer nämlich stammt aus der gleichen Gattung, wird oft auch als Junikäfer bezeichnet und hat es in Sachen Vermehrung gerade faustdick hinter den Fühlern. In Berlin etwa beobachtet Biologe Stefan Hetz von der Humboldt-Universität gerade die massenhafte Vermehrung von Maikäfern. Dort seien inzwischen ganze Hauswände voll mit Larven, die sich inzwischen verpuppen. Auch hier würde der frühe Sommer und der schnelle Austrieb der Pflanzen für gute Bedingungen sorgen.

„Ich denke, dass die Marienkäfer in diesem Jahr in größeren Massen auftreten werden“, sagt Hetz gegenüber der StäZ. Ob es dabei zu einer regelrechten Plage wie Anfang und Ende der 1980er Jahre kommen kann, dass vermag aber derzeit kein Wissenschaftler abzuschätzen. „Das hängt von vielen Faktoren ab. Bisher gibt es darüber auch keine mir bekannten Publikationen“, sagt Hetz. Eine Aufgabe also für junge Wissenschaftler?

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