Mister Lastenfahrrad will Umwelt-Beigeordneter werden

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Halle/StäZ - Er steht wohl wie kaum ein anderer Politiker in Halle für die Fahrradstadt: Der Grüne Wolfgang Aldag hat am Donnerstag via Mitteldeutsche Zeitung seine Bewerbung für den demnächst vakanten Beigeordnetenposten für Stadtentwicklung und Umwelt öffentlich gemacht, einen Tag vor dem vorläufigen Ende der Bewerbungsfrist. Aldag hat, folgt man der, in kommunalpolitischen Dingen freilich ebenfalls vorläufigen, politischen Arithmetik, gute Chancen auf den Posten. Das mit der OB-Kandidatur von Hendrik Lange (Linke) für 2019 geschmiedete rot-rot-grüne Bündnis könnte bei der Beigeordnetenwahl Ende Mai zum ersten Mal zum Tragen kommen, und es hat eine Mehrheit. [ds_preview]

Klimawandel und Verkehrswende als zentrale Themen

Grünen-Stadtrat Wolfgang Aldag (Foto: xkn/Archiv)

Dennoch sagt Aldag auf Nachfrage der Städtischen Zeitung: „Ich trete als eigenständiger grüner Kandidat an, und ich bewerbe mich mit meinem Profil, das durch die langjährige Arbeit, die ich in der Stadt mache, geprägt ist.“ Er wolle sich in allen Fraktionen vorstellen. Der 50-jährige Garten- und Landschaftsarchitekt mischt seit mehreren Jahren aktiv in der Kommunalpolitik mit. Seit 2014 ist er Stadtrat, 2016 zog er zudem als Nachrücker für Umweltministerin Claudia Dalbert in den Landtag ein. Beide Mandate müsste er aufgeben, würde er zum Umweltbeigeordneten gewählt. 2012 war er im Unterstützerteam des heutigen Oberbürgermeisters Bernd Wiegand (parteilos), gehört heute aber nicht mehr zum engeren Kreis um den OB.

Aldags Markenzeichen ist ein Lastenfahrrad, doch abseits des gepflegten grünen Images gilt er auch als Pragmatiker und Brückenbauer. „Niemand muss Angst haben, dass es bald keine Autos in Halle mehr geben wird, sollte ich gewählt werden“, sagt er. Er wolle Befürchtungen, „die ja immer gehegt werden, wenn ein Mensch mit grünem Parteibuch ein Amt anstrebt“, ausräumen. Eckpunkte seiner Bewerbung seien die Weiterentwicklung von Halle als Stadt am Fluss, das bereits beschlossene Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) und Zukunftsperspektiven aus dem Wettbewerb „Zukunftsstadt 2050“, an dem Halle derzeit mit dem Stadtteil Halle-Neustadt teilnimmt. Daraus erhoffe er sich Impulse für die ganze Stadt, so Aldag. „Wir müssen darüber sprechen, wie wir gemeinsam in der Stadt von morgen eigentlich leben wollen.“ Die Themen Klimawandel und Verkehrswende seien dafür zentral. „Es geht darum, den Verkehr in der Stadt nicht nur zu bewältigen, sondern zu gestalten.“ Dabei könne aber nicht mit Verboten oder Einschränkungen gearbeitet werden, so Aldag. „Wir brauchen vielmehr vorausschauende Politik, die Anreize setzt, und ich stehe seit über 20 Jahren in vielen Zusammenhängen für kreative Ansätze.“

Wahl des Beigeordneten am 30. Mai

Die Grünen begrüßten selbstredend am Donnerstag Aldags Kandidatur: „Mit ihm haben wir einen Kandidaten, der das Amt mit Fachlichkeit und Persönlichkeit ausfüllen und prägen wird und der als Hallenser bereits jetzt für eine zukunftsweisende Stadtentwicklung steht“, sagte Grünen-Stadtvorsitzende Melanie Ranft. SPD-Fraktionschef Johannes Krause sagte zur StäZ, er habe die Kandidatur zur Kenntnis genommen, die SPD wolle aber die Liste der Bewerber in aller Ruhe prüfen. „Wir als SPD haben keinen Druck. Wir werden diskutieren, wen wir zur Vorstellung in unsere Fraktion einladen. Es kommt darauf an, wer auf uns fachlich den besten Eindruck macht. Herr Aldag könnte jemand sein, der einen guten Eindruck macht, aber wer weiß, wer sich noch bewirbt.“

Die offizielle Bewerbungsfrist endet am Freitag, doch können bis zu Wahl am 30. Mai jederzeit noch neue Namen in den Ring geworfen werden. Die CDU hatte ebenfalls angekündigt, einen eigenen Kandidaten zu benennen. Der CDU-Fraktionschef im Stadtrat Andreas Scholtyssek sagte zur StäZ: „Herr Aldag ist für uns keine wählbare Variante. Halle ist kein Experimentierfeld für grüne Träumereien. Wir brauchen jemanden, der die fachlich Expertise für dieses Amt hat und die richtigen Weichen stellt.“ Aus Sicht der CDU seien die Ausweisung neuer Gewerbe- und Wohnungsbaugebiete drängende Zukunftsthemen, ebenso wie die Weiterentwicklung der Verkehrsinfrastruktur. „Der zweispurige Ausbau der Merseburger Straße oder ein dritter Saaleübergang – das ist alles mit einem grünen Beigeordneten nicht möglich“, so Scholtyssek. Auch die positive Entwicklung am Hufeisensee ebenso wie die Entwicklungspläne in der Hafenstraße seien den Grünen ein Dorn im Auge, so Scholtyssek.

Hufeisenseekritiker Wolfgang Aldag 2016 (Foto: xkn/archiv)

Aldag hat sich in der Tat als fachkundiger, nicht aber als pauschaler Kritiker der Baumaßnahmen rund um den Golfplatz am Hufeisensee hervorgetan. Unter anderem hatte er auf Ungereimtheiten zwischen dem, was über das Projekt im Stadtrat kommuniziert worden war und dem, was dann tatsächlich dort gebaut wurde, hingewiesen und hartnäckig nachgefragt. An anderer Stelle wurde Aldag selbst immer wieder aktiv. So übernahm er mit seiner Firma 2012 das frühere Schulgartengelände am Galgenberg und führte es einer Nutzung durch gemeinnützige Vereine und Initiativen zu. Heute heißt das Gelände „Celtis Kulturgarten.“

Aldag ist zudem in zahlreichen Vereinen ehrenamtlich aktiv. So war er Gründungsmitglied der Bürgerstiftung und bis 2008 auch ihr Vorsitzender. Gegen wen er am 30. Mai antritt, ist bislang noch offen.

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