Die StäZ wird wegen Berichterstattung angegriffen

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Liebe Leserinnen und Leser,

in Halles Rathaus wird jetzt offenbar das große Besteck herausgeholt. Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) hat am Donnerstag auf seiner Homepage die Berichterstattung der Städtischen Zeitung zu seiner Berateraffäre und mich persönlich wegen meiner biographischen Vergangenheit angegriffen.

StäZ und MDR würden „unter dem Deckmantel investigativer Recherche“ Wahlkampf für seinen Gegenkandidaten Hendrik Lange (Linke) machen, heißt es da. Wiegand wird vom MDR zudem indirekt zitiert: „Langes ehemaliger Mitarbeiter, der jetzt für die Städtische Zeitung arbeite, gebe sich als neutraler Journalist aus, obwohl er finanziell von der Linken unterstützt werde.“

Der „ehemalige Mitarbeiter“ bin ich. Ich habe dreieinhalb Jahre lang, von 2006 bis 2009 für Hendrik Lange gearbeitet als sogenannter Wahlkreismitarbeiter. Das ist eine Stelle, die aus öffentlichen Mitteln bezahlt wird, um die Arbeit des Landtagsabgeordneten zu unterstützen. Er war neu in den Landtag gewählt worden, ich stand kurz vor Ende meines Studiums und ging den Job ein, vor allem, weil mich die Herausforderung reizte, in Hendrik Langes Thema, der Hochschulpolitik, fachlich mitzuarbeiten. Das habe ich auch getan. Ich war zu keinem Zeitpunkt Mitglied der Linken, und habe danach, vor gut acht Jahren, meine berufliche Laufbahn als Journalist eingeschlagen.

Die frühere berufliche Verbindung zu Hendrik Lange habe ich dabei stets transparent gemacht. Leider wird sie immer wieder dazu benutzt, meine heutige Arbeit als Journalist in Frage zu stellen. Ich habe immer versucht, so transparent wie möglich mit diesem Teil meiner Biographie umzugehen, die von manchen auch nach vielen Jahren noch als Interessenskonflikt gewertet werden könnte. Damit muss ich leben. Ich nehme für meine Arbeit aber professionelle Unabhängigkeit in Anspruch.

Das Ziel der Attacke des OB ist offenbar, eine weitere Berichterstattung zu den Vorwürfen gegen ihn zu unterbinden oder zumindest durch Druck Einfluss darauf zu nehmen. Die Städtische Zeitung hatte, wie es journalistisch gute Übung ist, dem OB Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Er hat nicht geantwortet, was für die Städtische Zeitung nicht neu ist. Stattdessen kontert er öffentlich. Dass er dabei bewusst in die Kiste persönlicher Angriffe und Verschwörungstheorien greift, ist ein Angriff nicht nur auf mich persönlich, sondern auf die Städtische Zeitung als Medium. Nach unserem Eindruck ist es eine wohlkalkulierte Attacke, die sich gegen den schwächeren Partner der Recherchegemeinschaft zwischen MDR und StäZ beim Thema Rauschenbach richtet. Die Attacke des OB hat durchaus das Zeug, die kleine Graswurzel, die in Halles Medienlandschaft gerade entsteht, zu zertrampeln. Wir haben kein Geld für große gerichtliche Auseinandersetzungen. Wir haben nur uns und unsere Leser. Dennoch werden wir natürlich am Thema dran bleiben.

Gestern erhielt die StäZ zudem das anwaltliche Schreiben eines Vertreters von Herrn Rauschenbach. Dieser weist darin auf einen möglichen Fehler in unserer Berichterstattung hin und fordert eine Unterlassungserklärung von uns, bemerkenswerter Weise zu einer Detailfrage, die die Vergabepraxis der Stadt und nicht primär das Wirken von Herrn Rauschenbach betrifft. Abgesehen davon, dass es presserechtlich mildere Schritte gegeben hätte, auf Fehler in der Berichterstattung hinzuweisen und diese auch zu korrigieren (die Magdeburger Volksstimme hat jüngst über die aktuelle Tendenz bei aufklärender Berichterstattung berichtet, Journalisten mit dem großen Besteck einzuschüchtern), nehmen wir den Hinweis auf einen möglichen Fehler in unserem Bericht sehr ernst und prüfen ihn gerade. Wenn uns ein Fehler unterlaufen ist, werden wir ihn korrigieren, denn Fairness und Wahrhaftigkeit gehört für uns zum Journalismus dazu.

Zum anderen Teil des Vorwurfs des Oberbürgermeisters möchte ich noch Folgendes sagen: Die Städtische Zeitung wird von keiner Partei finanziell unterstützt, sondern lebt ausschließlich von ihren Leserinnen und Lesern und von freiberuflichen Aufträgen, die ich als freier Journalist für andere Auftraggeber übernehme. Seit die Städtische Zeitung existiert und lange vorher, habe ich keine Aufträge von Politikern oder Parteien mehr angenommen, um meine professionelle Unabhängigkeit zu wahren. Auch bei anderen Aufträgen achte ich darauf, Interessenskonflikte zu vermeiden.

Um Startkapital für die StäZ zu generieren, habe ich im Sommer 2017 eine Crowdfunding-Kampagne durchgeführt. Eine Möglichkeit, den Start der Städtischen Zeitung zu unterstützen war damals, als „VIP-Unterstützer*in“ eine höhere Summe für ein StäZ-Abo zu bezahlen. Förderabos sind bei einigen Zeitungsprojekten ein gutes Mittel, um Menschen die Möglichkeit zu geben, einen größeren Beitrag zum Gelingen der Sammelaktion zu leisten. Hendrik Lange hat sich offenbar entscheiden, diese Möglichkeit zu nutzen. Er ist dazu von mir weder aufgefordert noch gebeten worden. Durch seine Unterstützung der Crowdfunding-Kampagne ist er nicht mehr geworden als ein Abonnent unserer Zeitung. Er ist auch nicht der einzige Politiker, der VIP-Unterstützer der Städtischen Zeitung ist. Einige haben sich entschieden, nicht als solche öffentlich in Erscheinung zu treten. Hendrik Lange hat der Nennung seines Namens zugestimmt, vielleicht auch, um die Sache so transparent wie möglich zu machen.

Der Vorwurf, die StäZ stünde in finanzieller Abhängigkeit irgendeiner politischen Partei, ist absurd. Hendrik Lange ist als Stadtratsvorsitzender eine Person des öffentlichen Lebens. Als solche habe ich ihn, ebenso wie den Oberbürgermeister, im Oktober gebeten, ein Grußwort bei der StäZ-Startveranstaltung zu halten. Was er getan hat. Danach hat er, wie andere Gäste auch, der Städtischen Zeitung ein kleines Gastgeschenk als Glückwunsch für den Start der Zeitung überreicht. Jeder möge sich sein eigenes Bild dazu machen.

Wir werden uns an Schmutzkampagnen nicht beteiligen. „When they go low, we go high!“ – Wenn Sie tiefschlagen, setzen wir zum Höhenflug an. Das Motto der ehemaligen First Lady der USA Michelle Obama motiviert uns, auch bei diesem Thema sachlich und professionell zu bleiben.

Wir werden uns aber auch nicht einschüchtern lassen, und hoffen dabei natürlich, liebe Leserinnen und Leser, auf Ihre Unterstützung.

Wir werden Sie über den Gang der Dinge auf dem Laufenden halten.

Ihr
Felix Knothe

Anmerkung: In einer früheren Version dieses Beitrages habe ich geschrieben, Wiegand habe die Äußerungen gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk gemacht. Dieser hatte über die Äußerungen berichtet. Wiegand hat sich jedoch auf seiner Homepage so geäußert.

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siggivonderheide@me.com
6 Jahre her

getroffene Hunde jaulen eben lauter

Ronald Meinhardt
6 Jahre her

Bitte macht weiter so.

Albrecht Pohlmann
6 Jahre her

Lieber Herr Knothe, es freut mich, daß Sie sich nicht einschüchtern lassen!