Christian Sorge: „Ich bin dem Verweigerungsalter entwachsen.“

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Halle klingt. Hier hatte sich Händel Hörner abgestoßen, Angry Seven metalten lauthals und Gitarrist Christian Sorge, hier Geborener, bespielte Jahrzehnte schon Bühnenwelten. Nun verließ er Halle, um jederzeit wiederzukommen. Volly Tanner befragte ihn zu Berlin, der Liebe seines Lebens und verantwortungsvollem Alkoholgenuss. [ds_preview]

Rockgitarrist Christian Sorge aus Halle, Foto: Sorge privat

Guten Tag, Christian. Schön, Dich mal wieder befragen zu können. Schließlich sind da einige Projekte mit Deiner Mitwirkung, die dem Rock’n’Roller-Herz in mir Hochdruck verschaffen. Lass uns mit den Starfuckern beginnen. Wie kommt es, dass Du als Hallenser mit dem Berliner Mike Kilian und den Leipzigern Posner und Künzel die rollenden Steine durch die Tanzhallen schiebst? Und dies seit Jahren! Wo und wie kamst Du zu den Kollegen?
Halli und hallo, lieber Volly! Ja immer der Reihe nach: bei Starfucker begann ich 2003 als Aushilfe. Wir Stones-Enthusiasten kennen uns doch untereinander, zumeist … ich spielte und spiele ja auch in der Stones-Tribute-Band Nervous Breakdown. Also sprang ich dort ein und bin geblieben. Es macht regelmäßigen Spaß. Mike kannte ich vorher nicht persönlich, wohl aber den Tobias Künzel. Das hat aber nichts mit Starfucker zu tun. Tobias kenne ich seit 1984 oder 85. Wir trafen uns früher des Öfteren, ich spielte unter anderem mit meiner Band Blamage vor seiner. Das waren Südrock, aus denen später Amor und die Kids hervorgingen. Und Tobias, der ja gerne Dinge beschließt, beschloss, eine Band mit mir, Mike Kilian und natürlich Dirk Posner zu gründen, die dann die Titel aufführt mit denen sie aufgewachsen ist. Da wir alle im selben Alter sind, konzentriert sich dies auf die Glamrock-Ära der 70er. Mit kleinen Ausflügen in andere musikalische Gefilde. So nehmen wir jedes Jahr vor unserer Tour eine Single mit zwei Beatles-Titeln auf, in unserer eigenen Art und Weise. Da kannst Du gern mal ein bisschen auf unserer Homepage FinalStap.de stöbern.

Funktioniert das? Bei den Stones gab und gibt es ja nur zwei Platzhirsche. Ihr seid aber zu viert vom Ego her – oder?
Natürlich, wir sind ja schon groß.

Und derzeit tourt ihr ja fleißig bis hin nach Müggelheim (das ist in Berlin, Anm. d. Red.). Sind die Hallen voll und die Damen begeistert? Man sagt Euch als Rock’n’Roll-Jungsters ja gewisse Qualitäten nach.
Ja, das ist schon vergnüglich – zu sehen, wie die Damen kamen und auch wieder gingen. Es gibt die kleinen Aufs und Abs – das Publikum wechselt sich auch hier und da schon mal aus, und ein paar ganz Getreue bleiben uns glücklicherweise erhalten. Hoffentlich noch ein langes Weilchen!

Und mit Deiner eigenen Variante in Rock SORJE huschst Du nebenher noch auf die kleineren Bühnen. Macht das eigentlich Spaß? Gerade in der Arena und dann in der Kemenate zu spielen?
Das mache ich absolut gern. Ich spiele nur Sachen, die mir etwas bedeuten, folge momentanen Launen und spiele auch mal den einen oder anderen Hit (Stones, Dylan, Ramones, Neil Young, Chuck Berry). Habe ich ein aufmerksames Publikum gibt es auch mehr eigene Stücke in Englisch und Deutsch, sowie etwas mehr Moderation.

Und dann noch Final Stap und Nervous Breakdown. Wie merkst Du Dir die ganzen Noten? Oder spielst Du eigentlich immer den gleichen Song? Immer wieder die Blues-Riffs von Satisfaction?
Ach weeßte, kennste eenen, kennste alle! Kleiner Scherz. Das Köpfchen funktioniert noch ganz gut, ich brauche also niemanden, der mir die Notenblätter umschlägt. Auch Texte kann ich mir relativ gut merken. Vielleicht liegt es an meinem verantwortungsvollen Umgang mit schöngeistigen Getränken!

Final Stap, unter anderem mit Tobias Künzel, ist nur eines der musikalischen Projekte von Christian Sorge. Foto: Sorge privat

Die Tauben zwitschern es in Halle vom Roten Turm: mit Jens Thorun von den Jailbreakers eröffnet ihr als Cannonballs die Konzertsaison 2018 im Objekt 5. Kurz davor ist ja Weihnachten – und Jahresumschlag. Wie feierst Du Weihnachten? Geht das Fest der Besinnlichkeit überhaupt für einen Rock’n’Roller?
Ja, mit dem Jens mache ich das schon länger, im Rahmen unserer Freizeit unseren Beruf auszuüben. Ich begleite ihn gern, ist er doch ein erstklassiger Sänger. Weihnachten ist eher ein Familiending, habe ich ja schließlich glücklicherweise eine. Es ist schon ein unrock’n’rolliges Fest, aber was sein muss … ich bin dem Verweigerungsalter allmählich entwachsen.

Ich las gerade, dass Du Halle nicht mehr als Wohnort angibst, dass Du in die riesige Herde der Wahlberliner entfleucht bist. Wieso das denn?
Ganz einfach: Meine Partnerin des Lebens bekam Arbeit in eben dieser Stadt. Und so bin ich mitgezogen, hatte ich eh immer etwas in der Hauptstadt zu tun. Halle bleibe ich so oder so verbunden und karrieretechnisch bin ich wohl 30 Jahre zu spät nach Ost-Berlin.

Wenn Du auf Halle schaust, was macht die Stadt für Dich aus?
Da sind die Gefühle gemischt. Ich habe den Großteil meines Lebens dort gewohnt, kam ich doch immer schnell nach Leipzig oder Berlin oder wo ich sonst noch hin musste. Es ist vieles versaut und doch vertraut in dieser Stadt. Ich liebe den hiesigen Humor und die raue Schale.

Halle sieht sich ja als Kulturhauptstadt Sachsen-Anhalts. Dabei streiten sich die unterschiedlichsten Fraktionen gerne über Krümel auf dem Tisch. Wie viel Kulturhauptstadt ist Halle wirklich, Deiner Meinung nach?
Schwer für mich zu sagen. Was ist denn Kultur? Die Händelfestspiele? Ja, die sind wichtig! Coole Leute, Bands und Locations gibt es hier wie überall, wenn auch etwas übersichtlich. Es ist eben nicht so groß, und da kennt man sich. So wie im großen Berlin, wo im Kiez jeder jeden kennt.

Danke, Christian, für Deine Antworten.

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